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Die perfekte Weinbar – wie wir Weinbars beurteilen

in wine spots

Die perfekte Weinbar ist ein Ort an den ich liebend gerne hingehe. Es ist ein Ort an dem die Getränkekarte größer ist als die der Speisen. Von Merlots, über eine gute Spätlese bis hin zum Spätburgunder sollte alles dabei sein. Das bedeutet aber nicht, dass die Speisen nebensächlich und auf einem niedrigeren Level wären, sondern lediglich, dass sie an diesem Ort nicht die Hauptrolle spielen. Aber hey – in Hollywood wird auch für die beste Nebenrolle ein Oscar verliehen also ganz so unwichtig sind die Speisen in einer Weinbar dann doch nicht.

Die perfekte Weinbar kann laut und gesellig oder urig und gemütlich sein. Es kann der perfekte Ort für den Feierabend unter der Woche, den Start in das Wochenende an einem Freitagabend oder ein geselliges Beisammensein Sonntagnachmittags bei ein paar Gläsern Vino sein. Das wichtigste ist aber immer – das Konzept muss stimmig sein.

Wenn wir über Orte schreiben, an denen wir gerne Wein trinken, benutzen wir Weinbar oftmals synonym für Lokalitäten, die normalerweise vielleicht in ein anderes Genre fallen würden. Für uns ist die Definition der Weinbar eben einfach ein Lokalität an dem Wein an erster Stelle steht (oder wir ihn manchmal auch dort hinrücken).

Bei unserer Einschätzung von Weinbars dreht sich dementsprechend alles darum, wie bestimme Eigenschaften in das Gesamtkonzept passen. Das heißt, dass eine Weinkarte auf der die Flaschen erst ab 40-50€ überhaupt anfangen und im Schnitt sich eher bei 80-100€ einpendeln in vielen Fällen als (zu) teuer eingeschätzt werden kann – aber in passenden Fällen auch voll ok ist. Zum Beispiel wenn die Einrichtung schicker als normal, die Gläser hochwertiger als sonst und die Weinkarte mehrere Hunderte Weine zur Auswahl bereit hält, dann ist der Preis auch ok. Jeden Tag würden wir hier trotzdem nicht hingehen. Alles zu seiner Zeit.

Wir ihr merkt sind wir bei der Beurteilung eher flexibel als stur und geben lieber die passenden Anlässe an als eine in eine Zahl gepresste Bewertung. Für die verschiedenen Kriterien wie Preis und Fokus der Weine (wenn vorhanden), geben wir allerdings schon eine kleine Orientierungshilfe, die aber zu keiner Zeit wertend gemeint ist.

weinbar weingläser

Bei allem was möglich ist, gibt es allerdings ein paar absolute No-Go’s, die, wenn in einer Weinbar erlebt, die Freundschaft zwischen uns und der Weinbar definitiv schon im Keim ersticken lässt:

1.) Arroganz – an wirklich allererster Stelle. Zum Glück immer seltener vorgefunden, aber teilweise immer noch vorhanden. Wein soll Spaß machen und hey – klar – man kann damit auch angeben. Ich bin der erste der meinen Freunden ein WhatsApp Bild der Altglas-Sammlung schickt nach einem feuchtfröhlichen Abend, aber hey – das ist ja nur spaßhaftes angeben. Arrogant ist unangenehm und wird es dann, wenn man sich gerade dem Gast gegenüber als was besseres fühlt, weil man sich vielleicht etwas besser mit Wein auskennt – und es dem Gast unangenehm auf die Nase bindet und ihn fühlen lässt. Manche Gastgeber vergessen hier immer noch, dass es a) ziemlich peinlich wäre, wenn sie sich nicht besser auskennen würden als der Gast bei etwas mit dem sie sich täglich beschäftigen, und b) who the fuck cares? Wir wollen doch alle eine gute Zeit also lasst uns den Wein doch genießen.

2.) Überteuerte Weine – oder besser gesagt unfair bepreiste Weine. Das ist schon etwas schwieriger zu beurteilen, da es für jede Weinbar je nach Konzept Unterschiede gibt, aber sagen wir mal so – wenn man ein Wein, der 6-7 € im Handel kostet (Endverbraucher), für 50€ auf die Karte nimmt, dann ist das unverschämt und überteuert. Ich habe schon Weinbars in Weinanbaugebieten erlebt, die ein Wein, den es für 25€ ab Hof (also Weingut) zu kaufen gibt, für 30€ auf die Karte nehmen. Das ist natürlich ein mega geiler Preis – aber trotzdem sollte man nicht schimpfen über die Preise in Großstädten wie in Berlin, wo die meisten Weinbars kein riesiges Lager haben, die Mieten teuer und der Großhändler eher der Lieferant ist als das Weingut direkt. Das ist eben die Stadt und da kostet es nun mal ein paar Euro mehr. Man muss hier einfach die goldene Mitte finden, dass der Gast Spaß hat aber nicht arm wird und der Gastgeber fair – und bei überdurchschnittlicher Leistung natürlich auch überdurchschnittlich gut – entlohnt wird

3.) Schlechtes Essen – ja es ist eine Weinbar und es soll hier in erster Linie auch um Wein gehen, aber hey – ich habe auch noch kein geilen Kinofilm mit nur einem Schauspieler gesehen – ihr etwa? Nach ein, zwei Gläsern (Flaschen) Wein bekommt jeder Appetit und dann gibt es nicht schlimmeres als keine oder eine schlechte Auswahl an Speisen. Es muss nicht immer groß aufgefahren werden – ein paar ehrliche Gerichte aus der Hausmannsküche, ein schöner Wurst- und/oder Käseteller oder kalte Anti-Pasti mit Oliven können schon voll und ganz reichen, wenn die Qualität stimmt.

Damit soll es jetzt aber auch genug sein, denn es gibt sicherlich viel mehr Go’s als No-Go’s. Die nur als kleine Orientierungshilfe, was euch auf keinen Fall erwarten wird, wenn ihr eine unserer Empfehlungen folgt. Stattdessen gibt es dann geile Weine und leckeres Essen auf die Geschmacksknospen und es ist sicherlich für jeden Anlass ein gutes Örtchen dabei. Und hey – nicht vergessen: immer genug Wasser trinken beim Süffeln – der Kater am Morgen wird es euch danken.

So weit,
Lucas


Titelbild von Jez Timms
Bild mit Gläsern von Scott Warman

Lucas ist in Rheinhessen, dem größten Weinanbaugebiet Deutschlands aufgewachsen und hat schon in seiner Kindheit die ein oder anderen Ferien auf dem Weingut seiner Patentante bei der Traubenlese mitgeholfen. Nach der Schule folgte ein Studium im Rheingau, wo die Liebe zum Wein immer weiter wuchs. Als Student arbeitete er nebenbei im Weingut Balthasar Ress und führte einen kleinen eigenen Weinhandel. Seit 2014 lebt Lucas in Berlin, verfolgt den Weg des Court of Master Sommeliers, arbeitete kurz in der Sterne-Gastronomie und hat nie aufgehört sich weiterzubilden - also viel guten Wein zu trinken.